Die Geschichte vom Truthahn, der durch die Domestizierung seine Intelligenz einbüßte, hörte ich Ende der 80er Jahre in einer Radiosendung des NDR. So unglaublich es auch klang, dass der passend für die amerikanischen Bratöfen gezüchtete Truthahn in freier Natur in einem Regenschauer ertrinken würde; der NDR galt als Garant für gut recherchierte Berichte.
Als das Internet die Möglichkeit zur eigenen Recherche bot, war schnell klar, dass das Ertrinken des Truthahns im Regen ein moderner Mythos war, der vor allem in den U.S.A. kursierte, dort aber das Recken zum Himmel zumeist mit Neugier oder Faszination des Truthahns begründet wurde. Dennoch blieb diese Geschichte von dem Truthahn für mich weiterhin »wahr«, weshalb ich sie hier wiederhole.
Von jedem Präsidenten der U.S.A. seit 1947 gibt es ein Foto mit Truthahn, aufgenommen auf der jährlichen »National Thanksgiving Turkey Presentation«. Kurz vor Thanksgiving erhält der Präsident von der »National Turkey Federation« einen Truthahn geschenkt, den er gemeinsam mit einem Vertreter der NTF der Presse präsentiert. Ursprünglich für das Thanksgiving-Mal des Präsidenten gedacht, wird der Truthahn seit 1989 von dem jeweiligen Präsidenten der Vereinigten Staaten in einer offiziellen Zeremonie »begnadigt« und so vor Schlachter und Bratofen bewahrt.